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Nachlese: Die erste first-Tagung

Forschen im Verbund: Erste Tagung des Forschungsnetzwerkes für Interdisziplinäre Regionalstudien (first) in der Landesbibliothek St. Pölten.

Das „Forschungsnetzwerk für Interdisziplinäre Regionalstudien“ (first) präsentierte vom 20. bis 21. November 2017 im Rahmen seiner ersten Tagung aktuelle Forschungsergebnisse aus den Forschungsverbünden „Migration“ und „Nahrung und Ungleichheit“ (Projektlaufzeit 2016 bis 2018) in der Niederösterreichischen Landesbibliothek, St. Pölten.

Landesrätin Barbara Schwarz und Martina Höllbacher, die Leiterin der der Abteilung Wissenschaft und Forschung betonten, wie wichtig es ist, die geistes- und kulturwissenschaftliche Forschung in Niederösterreich zu unterstützen, da das Reflektieren historischer Ereignisse eine Orientierungshilfe für die Bewältigung aktueller Herausforderungen gibt.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht neue Impulse

ForschungsmitarbeiterInnen der insgesamt elf Teilprojekte berichteten über epochenübergreifende Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Migrationen bzw. über Mangelernährung und Nahrungsversorgung marginalisierter Gruppen vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Die SprecherInnen des Forschungsnetzwerkes – Thomas Kühtreiber (Instituts für Realienkunde des Mittelalters und der Frühen Neuzeit) und Martha Keil (Institut für jüdische Geschichte Österreichs) – hoben hervor, dass die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Geschichts-, Kultur- und Sozialwissenschaften neue Impulse und Herangehensweisen ermöglicht.

Ulrich Schwarz (Institut für Geschichte des ländlichen Raumes), Leiter des Forschungsverbundes „Nahrung und Ungleichheit“, wies darauf hin, dass sich der Zusammenhang zwischen Nahrung und sozialer Ungleichheit durch alle Zeiten und gesellschaftlichen Bereiche zieht. Sarah Pichlkastner, Forscherin des Instituts für Realienkunde des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, präsentierte etwa eine Landkarte früher Einrichtungen der Armenfürsorge in Niederösterreich.

Forschungsergebnisse zu gruppenspezifischer Ernährung wie halal und koscher während des Ersten Weltkrieges und ein Überblick über die Ernährungslage in den Krisenzeiten zwischen 1914 und 1950 gaben einen weiteren Einblick in die Arbeit des Forschungsverbundes.

„Hunger in unserer Gesellschaft nicht verschwunden“

Hunger und ungleicher Zugang zu Nahrung sind aber in unserer Gesellschaft nicht verschwunden, sondern versteckt und leise, so Gabriele Drack-Mayer vom Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung der FH St. Pölten. Der Besuch von Versorgungseinrichtungen und die unmögliche Teilnahme an sozialen Praktiken wie Essenseinladungen werde von den Betroffenen als beschämend empfunden.

Auch das Thema Migration zwischen Zwang und Freiwilligkeit lässt sich gut anhand einer langfristigen Betrachtung analysieren, ist doch historisch gesehen, die räumliche Verlagerung des Lebensmittelpunktes eine Konstante menschlicher Geschichte, wie die Leiterin des Forschungsverbundes Anne Unterwurzacher (Zentrum für Migrationsforschung) ausführt.

Am Beispiel der Emigration adeliger Familien in der Frühen Neuzeit, der Arbeitsmigration von Landarbeiterinnen bzw. Hausgehilfinnen in der Zwischenkriegszeit, sogenannter „Displaced Persons“ in der Nachkriegszeit, GastarbeiterInnen der 1970er Jahre und aktueller Fluchtbewegungen kamen die ForscherInnen zum Schluss, dass die Grenze zwischen Zwang und Freiwilligkeit im Kontext von Migration nicht eindeutig gezogen werden kann.

Lebhafte Diskussionen

Die lebhaften Diskussionen, die während der zweitägigen Tagung, geführt wurden, demonstrieren das Interesse der Öffentlichkeit an der Parallelität historischer und gegenwärtiger Dimensionen. Die Tagung wurde durch ein weiteres „Museum des Augenblicks“, ein temporäres und mobiles Ausstellungsformat, begleitet.

Die erste first-Tagung wurde vom Forschungsnetzwerk Interdisziplinäre Regionalstudien (first) in Kooperation mit dem Niederösterreichischen Landesarchiv, dem Niederösterreichischen Institut für Landeskunde und der Niederösterreichischen Landesbibliothek veranstaltet.

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