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Tagung zur Ästhetik in digitalen Welten

Bericht zum Symposium virtu.real an der FH St. Pölten

Eindruck des Symposiums virtu.real

Neue Medientechnik wie etwa Virtual Reality und 360-Grad-Videos verändert die Kunst. Das internationale Symposium virtu.real der Fachhochschule St. Pölten, der Internationalen Gesellschaft für polyästhetische Erziehung (IGPE) und dem PolyArt StudioSvec (PASS) widmete sich vergangenes Wochenende dem Thema der Ästhetik im Digitalen mit Fachvorträgen und Kunstaufführungen. 

Permanenter Augenblick und ästhetisches Bewusstsein

Das Symposium ging unter anderem den Fragen nach, ob es in einer (digitalen) Welt des permanenten Augenblicks noch ein ästhetisches Bewusstsein und einen ästhetischen Bildungsauftrag gibt. ForscherInnen und KünstlerInnen präsentierten Projekte aus den Bereichen der Medienkunst und digitalen Lehre.

„Das Virtuelle wird zu einem alles umschließenden Netz aus Funktionen, Ideen, Imaginationen, Botschaften und Wunschvorstellungen. Es hat sich in den Alltag der Menschen eingeschrieben, schreibt die Geschichte der Menschheit neu und verortet Personen in permanenter Echtzeit. Was auch immer uns in einer Welt des Virtuellen bindet, was schlussendlich bleibt, ist die Begegnung im Realen. Sie setzt uns mit Lebenswirklichkeit in Beziehung, verortet uns als Mensch“, sagt Markus Wintersberger, FH-Professor für Experimentelle Medien am Department Medien und Digitale Technologien der FH St. Pölten und Mitorganisator der Veranstaltung. 

„Polyaisthesis als philosophisch vernetzter und reflektierter Background internationaler polyästhetischer Bildung definiert sich als ‚Frage nach dem tieferen Sinn aller Sinneserfahrung‘, als Suche nach den Lebensqualitäten. Überflutung mit Information kann den Blick auf das Wesentliche beträchtlich und folgenschwer verstellen. Eine Dialogszene zum Text ‚Ein Bauhaus der Zukunft‘ des deutschen Philosophen Wolfgang Welsch thematisierte die dreitägige Auseinandersetzung, die werte- und verantwortungsbewusste Gestaltungsräume der digitalen Ausdrucksformen eindrucksvoll eröffnete“, erklärt Gerhard Hofbauer, Präsident der Internationalen Gesellschaft für Polyästhetische Erziehung, die mit der Veranstaltung an der FH St. Pölten ihr 30. internationales ‚polyaisthesis‘-Symposium abhielt.

Künstlerische Interventionen und inter-mediale Performances

Die Keynotes hielten Josef Buchner vom Projekt Virtuelle Pädagogische Hochschule zum Thema „Digitales Lernen – ein Paradigmenwechsel? Tickt die Jugend digital?“, FH-Lektorin Rita Newman zu Virtual Identity und die italienische Musikern, Künstlerin und Pädagogin Isabella Celentano zu „Polyästhetischer Erziehung“.

„Bei ihrem 35-Jahr-Jubiläum richtet die Internationale Gesellschaft für Polyästhetik ihr Augenmerk auf virtu.real. Dabei wird das heutige Wirklichkeitsverständnisses im Brennpunkt digitaler Technologien reflektiert. Stichworte wie ‚Überlappung von Realität und Fiktion‘ bzw. ‚konstruierte Wirklichkeiten‘ werden untersucht. Die Explosion an Sichtweisen und Bildwelten, welche oft selbst generiert und über Grenzen hinweg kommuniziert werden, könnte als eine Art neue Universalsprache gesehen werden, im wahrsten Sinn des Wortes. Ob diese neue Sprache die Mythen unserer Zeit zu erzählen im Stande ist, wird sich zeigen“, sagt Rita Newman.

Referiert haben auch Andrea Kárpáti, die an der ELTE-University Budapest Projekte zu „Visual literacy“ auf EU-Ebene koordiniert, und Masayuki Nakaji von der Gakugei University Tokio, der an ästhetisch-medialen Projekten der OECD arbeitet.

Psychologie und Ästhetik

Themensessions widmeten sich der Ästhetik der Produktion, der psychologischen Ästhetik des Digitalen in Anwendungen, der Psychologie virtueller Akustik, einer kulturpsychologischen Sicht auf mediale Welten, internationalen Aspekten und Forschungsprojekten sowie der Unterrichtsforschung via Youtube. Neben der Fachtagung an der FH St. Pölten von Freitag bis Sonntag fanden intermediale Performances an der FH und im PolyArt Studio Svec (PASS) in Böheimkirchen statt.

Vor Beginn des Symposiums fand die Generalversammlung der Internationalen Gesellschaft für Polyästhetische Erziehung (IGPE) statt, die dieses Jahr ihr 35-jähriges Bestehen feiert. Das Symposium ist eine Veranstaltung der FH St. Pölten gemeinsam mit der Internationalen Gesellschaft für polyästhetische Erziehung und dem PolyArt Studio Svec (PASS).

Virtual-Reality-Storytelling der Zukunft

Die FH St. Pölten stellte ihr Forschungs- und Kunstprojekt „Wearable Theatre. The Art of Immersive Storytelling“ zu Literatur, Storytelling und Medienkunst im virtuellen Raum vor. Es untersucht Virtual Reality (VR) auf ihr dramatisches, narratives und strukturelles Potential. Ziel ist das Erschließen und Nutzen des 360°-VR-Mediums als Erlebnisform für literarische Stoffe. Als Ausgangspunkt der Untersuchungen werden Autoren mit existenziell atmosphärischem Erzählton ausgewählt: Fjodor M. Dostojewski, Albert Camus und Max Frisch.

Schlüsselszenen der Romane „Die Dämonen“, „Der Fall“ und „Homo Faber“ dienen als Grundlage für den dramatischen und produktionstechnischen Adaptionsprozess von Figur und szenisch-strukturellem Handlungsverlauf in ein 360°-VR-Script. Ein interdisziplinäres Team aus Autorinnen und Autoren sowie aus den Bereichen Regie, Medienkunst, Schauspiel, Dramaturgie, Komposition und Medientechnik erforscht in diesem dreijährig angelegten Forschungslabor die Zusammenhänge zwischen Kunst und Technologie, Immersion (Eintauchen in VR) und Empathie sowie virtueller Realität und Literatur.

Symposium virtu.real – zur Ästhetik des Digitalen

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Projekt „Wearable Theatre“

Das Projekt „Wearable Theatre“ wird im Rahmen des Programms zur Entwicklung und Erschließung der Künste (PEEK) durch den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) finanziert. Nationaler Forschungspartner des Projektes ist die OAA-Wien Konservatorium für Schauspiel.