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Nightjet: eine unerwartete Erfolgsgeschichte

Beim digitalen Kaminabend im Master Lehrgang Europäische Bahnsysteme gewährte Nightjet-Projektleiter Erwin Kastberger einen Blick hinter die Kulissen

Start des Online Vortrages: Es sind eine Präsentationsfolie mit Nachtzug sichtbar sowie die Vortragenden und Teilnehmenden
Copyright: Otfried Knoll

Departmentleiter Otfried Knoll vom Department Bahntechnologie und Mobilität konnte beim digitalen Kaminabend des Master Weiterbildungslehrgangs Europäische Bahnsysteme den besten Kenner aller Hintergründe des Nightjet als österreichischen Exportschlager für klimafreundliches Reisen als Referenten gewinnen: Erwin Kastberger begleitete als Projektleiter in der ÖBB Personenverkehr AG die Entstehung dieses Produktes seit Anfang an.

Nun gewährte er den internationalen Studierenden im exklusiven Rahmen sowohl Einblicke in die Entstehungsgeschichte des Nightjet, als auch Ausblicke auf die Planungen für die nächsten Jahre.

Schwieriges Umfeld zu Beginn

Vor etwa 10 Jahren stand die ÖBB Personenverkehr AG ebenso wie viele andere Eisenbahnunternehmen in Europa vor der Entscheidung, ob das etwas aus der Zeit gefallene Fortbewegungsmittel "Nachtzug" aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt werden sollte. Fahrzeuge waren großteils veraltet, Hochgeschwindigkeitsverkehre und Billigflieger nagten am Kunde*innenstock.

Entgegen dem Zeitgeist entschied man sich aber dafür, die Züge weiterzuführen und zu einer hochqualitativen Marke weiterzuentwickeln. Von der Deutschen Bahn wurden Verbindungen und Fahrzeuge übernommen und mit dem österreichischen Angebot synergetisch zu einem effizient zu betreibenden Liniennetz verschmolzen.

Klimawandel als Motor für Nachtzugreisen

Fahrt aufgenommen hat das Produkt Nightjet aber mit der Intensivierung der öffentlichen Diskussion über den Klimawandel und die Fridays for Future-Bewegung. Die Nachfrage nach klimafreundlichen Alternativen zu innereuropäischen Flugreisen hat dem Nightjet einen unerwarteten Schub verliehen.

Auch in der vergangenen Corona-Sommersaison 2020 waren vor allem die höherpreisigen Schlafwagenabteile oft ausgebucht. Dem Wunsch nach Privatsphäre und Zurückgezogenheit beim Reisen kann der Nachtzug sehr gut gerecht werden.

Neue Züge - neue Ziele

Bereits im heurigen Jahr 2021 beginnt die Erneuerung der Fahrzeugflotte des Nightjet. 22 neue Multifunktions-Liegewagen ersetzen die bisher ältesten Waggons.

Ab Dezember 2022 kommen 13 gänzlich neu entwickelte Nightjet-Garnituren im Verkehr nach Italien zum Einsatz. Die Erweiterung der Fahrzeugflotte ermöglicht in Kooperation mit den Partnerbahnen die Erweiterung des Liniennetzes.

Mit der geplanten Wiederaufnahme des internationalen Nightjet-Verkehrs Ende Mai 2021 wird bereits Amsterdam ab Wien und Innsbruck als zusätzliches Ziel mit einer Wagengruppe angefahren. Im Dezember 2021 fährt ein gänzlich neuer Zug von Wien nach Paris. Ab 2024 und 2025 wird das Netz noch um Linien wie Berlin - Paris/Brüssel, Zürich - Amsterdam, Zürich - Prag, Zürich - Rom und Zürich - Barcelona ergänzt.

Liniennetz Nightjet.png

Parallel bewirbt sich die ÖBB Personenverkehr AG auch bei einer Ausschreibung der schwedischen Verkehrsbehörde Trafikverket für die Führung eines Nachtzuges von Hamburg nach Stockholm.

Aufgeweckte Diskussion

Dass das Thema Nachtzugreisen niemanden kalt lässt, war auch in der an den Vortrag von Erwin Kastberger anschließenden Diskussion bald klar. Die Studierenden aus Deutschland und der Schweiz zeigten hohes Interesse an der Fahrzeugausstattung, Betriebsszenarien, neuen Zielen, Herausforderungen der Produktion der komplexen Flügelzugkonzepte sowie wirtschaftlichen und strategischen Fragestellungen.

Für Otfried Knoll traf dieser Kaminabend den Puls der Zeit: „Sobald Corona beherrschbar ist, wird das Reisen eine neue Dimension bekommen. Klimaneutral Europa zu entdecken kann zum Hit werden. Mit unseren Studierenden Strategien und Hintergründe zu großen unternehmerischen Entscheidungen zu diskutieren, ist eine der USPs unserer Ausbildungsprogramme. Da kann uns auch Corona nicht aufhalten!“

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