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Talkaccino: Interview-Blog als Ort des Austauschs

Medienmanagement-Alumnus Philipp Schützl hat vor kurzem Österreichs ersten Interview-Blog ins Leben gerufen

Philipp Schützl, Gründer von Talkacchino
Copyright: Philipp Schützl

„Kaffeehäuser sind Orte der Begegnung“, meint Philipp Schützl, „Orte wo miteinander gesprochen wird und Austausch stattfindet“.

Sein Blog Talkaccino ist das digitale Äquivalent zu klassischen Kaffeehäusern. Der Blog bringt interessante Gespräche aus dem Kaffeehaus direkt aufs Sofa oder in die U-Bahn.

Wir wollten mehr über Talkaccino erfahren und haben daher den Spieß umgedreht und Philipp Schützl zu einem Interview gebeten:

Wie kommt man auf die Idee einen Interviewblog zu machen?

Die Idee selbst ist schon jahrelang präsent gewesen. Ich habe nur nie gewusst, wie ich alles aufziehen will. Was ist der rote Faden? Wie soll der Name sein? Wie schaut das Logo aus? Und: Kann ich das überhaupt?

Die Antworten auf all diese Fragen sind im Laufe der Zeit gekommen. Ich habe bei einem Online Unternehmen gearbeitet, bei einer Werbeagentur, bei unterschiedlichen medizinischen Fachverlagen. Und überall habe ich etwas mitgenommen und dachte mir dann: „Ich glaube, jetzt ist es Zeit“. 

Du hast gerade gesagt, die Idee war schon immer präsent – aber gab es einen konkreten „Aha-Moment“?

Ich bin selbst jemand, der total auf Interviews steht. Egal ob im Fernsehen, im Radio, Print oder Online. Ich schaue sie mir gerne an, lese sie durch und höre sie. Das sind unterschiedliche Formate aus Österreich, Deutschland und den USA.

Irgendwann habe ich mir gedacht, dass ich das auch machen möchte. Und manchmal dachte ich mir, dass Fragen fehlen beziehungsweise nachgehakt gehört hätte. So ist die Idee zu Talkaccino entstanden.

Wo liest, hörst und schaust du gerne Interviews?

Also ich könnte nicht sagen, das ist die Lieblingszeitung oder der Lieblingsblog. Das kommt wirklich auf den Interviewpartner an.

Natürlich gibt’s ein paar Shows, die ich wirklich genial finde. Früher Harald Schmidt, wegen dem habe ich insgeheim auch Medienmanagement studiert. Weil ich wissen wollte, was es alles für eine Show braucht. Heute mache ich das auch – nur im kleinen Rahmen (lacht).

Wen ich auch gut finde, sind Conan O’Brien, Howard Stern, André Müller und Alfred Worm. Das Format „Comedians in Cars Getting Coffee“ von Jerry Seinfeld habe ich in der Corona-Zeit lieben gelernt. Die Grundidee ist die gleiche wie bei Talkaccino. Der Unterschied ist nur: er fährt jedes Mal einen wahnsinnig teuren Oldtimer, macht die Interviews ausschließlich mit Hollywood-Comedians und ein Kamerateam ist dabei. Aber sie treffen sich auch immer in unterschiedlichen Cafés und plaudern. Und dann dachte ich mir – kurz bevor Talkaccino online ging – wenn der das seit 2012 macht, und diverse Spin-offs daraus entstanden sind, kann die Idee nicht so schlecht sein.

Du sagst, du möchtest keine Interviews führen, sondern Gespräche. Wo ist da der Unterschied?

Ich würde sagen, das Interview ist eine Unterform des Gesprächs. Beim Interview redest du nicht miteinander, sondern du redest fürs Publikum. Beim Gespräch geht es darum, miteinander zu sprechen und nicht groß darauf zu achten, wie das ankommen wird. Es geht eben nicht darum, die neueste CD, das neueste Buch oder die aktuelle Parteilinie zu verkaufen. Es geht darum sich auszutauschen, ohne ein spezielles Ziel zu haben.

Was ist eigentlich das Ziel mit Talkaccino? Gibt es einen Wunschtraum, was daraus noch werden kann?

Einer meiner Interviewpartner hat etwas gesagt, das ich ein wenig adaptieren möchte, nämlich: „Ich kann vieles können, muss aber wenig müssen“.

Und natürlich ist das Konzept so aufgebaut, dass man das Ganze auch als Buch veröffentlichen könnte. Man könnte auch eine TV- oder Radioshow aber auch ein Interviewmagazin daraus machen. Also ja, das ist alles möglich. Aber ich schaue eher, was sein kann, nicht was sein muss.

Was war bisher das spannendste Interview für dich?

Das ist schwer bis gar nicht zu beantworten. Weil ich finde, dass jeder meiner Interviewpartner und -partnerinnen auf seine oder ihre Weise interessant ist. Weil alle sehr unterschiedlich sind.

Ich habe zum Beispiel eine Sex-Workerin interviewt, die wahnsinnig spannende Einblicke in die Rotlichtszene gegeben hat. Ein Clowndoktor, den ich interviewt habe, hat am Ende gesagt, dass er Clowns hasst. Alle meiner Interviews haben mir gezeigt, dass Perspektiven geändert werden können, wenn man miteinander redet. Und da ich mir meine Interviewpartner*innen alle selbst aussuchen kann, war bisher jedes Gespräch auf seine Art sehr spannend.

Und wie suchst und findest du deine Interviewpartner*innen?

Entweder ich kenne beruflich oder privat schon jemanden, wo ich mir etwas vorstellen könnte. Oder ich sehe irgendwo jemanden, weil ich selbst im Kaffeehaus sitze, jemanden auf der Bühne sehe – und mir denke: „Könnte spannend sein“.

Mittlerweile bekomme ich auch von ehemaligen Interviewpartner*innen und User*innen Vorschläge, wer für den Blog interviewt werden könnte. Die Auswahl erfolgt dann danach ob ich einen Zugang zur Person habe, weil wenn mir nicht genug Fragen einfallen, wird es kein gutes Interview.

Für Student*innen vielleicht interessant: warum entschließt man sich, sich in der Medienbrache selbstständig zu machen?

Weil ich meinem Gefühl gefolgt bin und man das immer machen sollte. Wie gesagt: Die Idee war seit Jahren da. Ich habe es immer bewundert, wenn sich Freund*innen, Bekannte oder Kolleg*innen selbstständig gemacht haben, weil es Mut erfordert. Ich habe nur nie gewusst, womit ich mich selbstständig machen will.

Dann war die Idee da und bin ich den Weg gegangen. Ich bin einer Intention gefolgt – es ist ja nicht so, dass ich eine Entscheidung für die Ewigkeit getroffen habe. Wenn ich wieder angestellt sein möchte, dann bewerbe ich mich wieder und hoffe, dass ich aufgrund meines Lebenslaufs den Job bekomme.

Wenn du jetzt an deine FH-Zeit zurückdenkst: Was hast du aus daraus mitgenommen?

Also einerseits ein Grund-Rüstzeug und anderseits eine gewisse Breite der Ansichten. Als ich mit dem Studium begonnen habe, war ich ein totaler Fernseh-Nerd und wollte immer in den TV-Bereich. Durch die FH habe ich dann gesehen, was es noch alles gibt.

Damals wollte ich nie in den Online Bereich, aber jetzt habe ich ein eigenes Online Medium. Der breite Blick hat mir sicher viel eröffnet, alleine das war spannend. Was man dann damit macht – dafür ist dann jeder selbst verantwortlich.

Word Wrap

  • Ich bin… neugierig.
  • Talkaccino ist… ein neues Angebot am österreichischen Medienmarkt – das mir persönlich – bis dato abgegangen ist.
  • Mein Studium hat… mich inspiriert.
  • Ich werde heuer noch… einige Interviews führen.
  • Am meisten freue ich mich auf… eine noch ungewisse, aber hoffentlich spannende Zukunft im positiven Sinne.
  • Journalismus ist… in seiner unabhängigen Form, die es selten in Reinform gibt, unabdinglich für die 4. Gewalt im Staat und damit eine demokratiepolitische Wichtigkeit.

Mehr Informationen, alle Interviews und mehr findet ihr auf Talkaccino

Das Interview führte Anna Putz, Studentin im Masterstudiengang Digital Marketing & Kommunikation.

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