2 min

Territoriale Grenzen und Grenzen aus Papier

Flucht und Migration in der sozialen Arbeit: Das war der Social Work Science Day 2022

Christine Haselbacher bei der Online-Veranstaltung

Der Social Work Science Day unserer FH widmete sich am 5. Mai 2022 online Fragen der Inklusion und Exklusion in der (Sozialarbeits-)Forschung sowie den Themen Flucht und Migration als Forschungsfeld.

„Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung sind besonders von Ausgrenzung bedroht. Das Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung beschäftigt sich seit einigen Jahren intensiv mit der Situation von geflüchteten und migrierten Personen. Heuer haben wir das diese Themen in das Zentrum unserer Jahrestagung gestellt“, sagt Institutsleiter Johannes Pflegerl.

Forschungsverbund zu Migration

Im Jahr 2016 hat sich das Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung mit fünf weiteren geistes-, sozial-, und kulturwissenschaftlichen Forschungseinrichtungen zum Forschungsnetzwerk Interdisziplinäre Regionalstudien (first) zusammengeschlossen. Anne Unterwurzacher beleuchtete in ihrem Vortrag die Erfahrungen, Herausforderungen und Perspektiven des gemeinsamen Forschens zu historischen und gegenwärtigen Migrationsthemen im Rahmen von first.

Anhand zweier Forschungsprojekte zur Materialität von Zwangsmigration sowie zur Lagerunterbringung von „displaced persons“, Geflüchteten und Vertriebenen in der unmittelbaren Nachkriegszeit, illustrierte sie, inwieweit die interdisziplinäre Kooperation neue Forschungszugänge eröffnet und welche Bezüge sich zur Sozialen Arbeit herstellen lassen.

Dokumente und Bescheide im Kontext der Flucht

Veronika Reidinger vom Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung präsentierte Ergebnisse aus einem Forschungsprojekt, in dem es um die Bedeutung von Dingen im Kontext von Flucht rund um das Jahr 2015 ging. Das Verfügen über bestimmte Dokumente oder das Fehlen derselben (z. B. eine Staatsbürger*innenschaft) übt einen großen Einfluss auf die Routen aus, die Geflüchtete nehmen können oder müssen, aber auch auf die Transportmittel bzw. Transportmöglichkeiten, die zur Verfügung stehen.

„Ohne Einreiseerlaubnis oder ‚richtigen‘ Pass darf man kein Flugzeug besteigen und Transportunternehmen werden mit empfindlichen Strafen sanktioniert, wenn sie Personen ohne Reisegenehmigung befördern. Dokumente sind also Artefakte bürokratischer Arbeit mit großem Einfluss auf Mobilität. Sie sind nicht nur Ausdruck bestimmter sozialer Ordnungen, die auch Mobilität regulieren, sondern stellen diese auch her“, erklärt Reidinger.

Territoriale Grenzen und Grenzen aus Papier

Margit Fauser von der Ruhr-Universität Bochum widmete sich in ihrem Abschlussvortrag dem Thema Inklusion und Exklusion aus dem Blickwinkel der Grenze und ging auf die Rolle und Erfahrung mit Papieren, Dokumenten und Formularen ein, die auch Grenzen ziehen und zur Grenzproduktion beitragen.

„Das Grenzregime wird von Migrant*innen nicht nur durch spezifische Politiken oder physische Kontrollen der Außengrenzen erlebt, sondern auch als durch Papiere organisiert, durch Dokumente, Zertifikate und Formulare. Papiere ziehen Grenzen und so werden Dokumente zur Praxis differentieller Inklusion im urbanen Grenzraum. Die Praxis des Borderwork, der Produktion und Aushandlung der Grenze, wirkt so ganz zentral durch Papiere im Alltagsleben der Migrant*innen – Borderwork bedeutet auch Paperwork“, sagt Fauser.

Workshops

Workshops für die Teilnehmer*innen widmeten sich etwa

  • dem biografischen Arbeiten in der Sozialen Arbeit,
  • Fluchterfahrung von Menschen,
  • dem Erleben von Zugehörigkeit von Menschen mit Behinderungen im Übergang von einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt,
  • der Praxis und Forschung zu Peer-Arbeit,
  • der Rezeption und Darstellung von Männlichkeit in Social Media,
  • dem Social Prescribing (Soziale Arbeit auf Rezept),
  • der queer-inklusiven Sozialarbeit und
  • dem Case Management im Sozialen Raum im Bezirk Weiz.

Studierende des Masterstudiums Soziale Arbeit präsentierten beim Social Work Science Day Poster mit Ergebnissen ihrer Abschlussarbeiten. Der Social Work Science Day ist eine Veranstaltung des Ilse Arlt Instituts für Soziale Inklusionsforschung des Department Soziales der FH St. Pölten.

Social Work Science Day 2022

Inklusion und Exklusion als Thema der (Sozialarbeits-)Forschung

Sie wollen mehr wissen? Fragen Sie nach!
FH-Prof. Mag. Dr. Pflegerl Johannes

FH-Prof. Mag. Dr. Johannes Pflegerl

Institutsleiter Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung Stellvertretender Studiengangsleiter Soziale Arbeit (MA) FH-Dozent Stellvertretender Departmentleiter Department Soziales
Mag. (FH) Sommer Sabine

Mag. (FH) Sabine Sommer

Fachverantwortliche Organisation Department und Studienbetrieb Department Soziales