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Es braucht Strateg*innen in der Werbung

Expertin Jana David-Wiedemann über Werbung und Markenführung

Jana David-Wiedemann, CEO der Werbeagentur PKP BBDO, Präsidentin von Strategie Austria und Lektorin, im Gespräch mit Barbara Klinser-Kammerzelt, Leiterin des Lehrgangs Werbung und Markenführung an der FH St. Pölten
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Jana David-Wiedemann im Gespräch

Jana David-Wiedemann, CEO der Werbeagentur PKP BBDO, Präsidentin von Strategie Austria und Lektorin, im Gespräch mit Barbara Klinser-Kammerzelt, Leiterin des Lehrgangs Werbung und Markenführung

Wie sind Sie in die Werbung gekommen?

In meiner Schulzeit wollte ich Jura studieren. Als ich jedoch entdeckte, dass Rechtsprechung trotz vieler Perspektiven und Argumentationskraft nicht unbedingt etwas mit Gerechtigkeit zu tun hat, wollte ich mehr, als nur für Menschen zu sprechen – ich wollte sie verstehen.

In der Werbepsychologie habe ich dann meine Berufung gefunden. Im Unterschied zu vielen entschied ich mich gegen ein BWL-Studium und wählte die Psychologie. Damals war diese spezifische Ausrichtung noch Neuland. Aber mit Praktika sowie studienbegleitender Arbeit habe ich mir zur Theorie praktische Fertigkeiten angeeignet.

Rückblickend war diese Kombi genau das Richtige für mich. Heute ist es mein Job, Menschen zu verstehen.

Wie schätzen Sie die Entwicklung im Berufsfeld Werbung ein?

Die früher gelebte Differenzierung zwischen Massenkommunikation und Individualkommunikation, zwischen klassischer Werbung und PR sowie Verkaufsförderung funktioniert nicht mehr. Die digitale Welt ermöglicht uns, Konsument*innen gezielter und dabei ganzheitlicher anzusprechen. Wir nutzen kommunikativ die Vernetzung im wahrsten Sinne des Wortes über alle Kanäle. Hierbei ist ein sehr tiefes Verständnis für Zielgruppen, Individuen, Menschen wichtig. So ergeben sich Chancen einerseits für neue Spezialisierungen und andererseits für generische Berufsbilder, die alle Fäden der Kommunikation zusammenführen.

Welche aktuellen Trends und Tendenzen sehen Sie?

Trends in der Marketingkommunikation kommen und gehen. Was jedoch bleibt, ist die abnehmende Bedeutung von trivialer Kommunikation.

Die Konsument*innen werden anspruchsvoller und erwarten Qualität und guten Content. Werber*innen konzentrieren sich nicht mehr nur auf das „Umwerben“, sondern verwandeln sich in Kommunikator*innen, deren Aufgabe es heute ist, die wechselseitige Kommunikation zwischen Marke und Konsument*in zu gestalten. Der Erfolg liegt darin, Menschen individuell anzusprechen und ihnen einen persönlichen Mehrwert zu bieten.

Kommunikation mit Konsument*innen ist schon lange keine Einbahnstraße mehr, denn Werbung kann heute so viel mehr. Mit erfolgreicher Kommunikation vermitteln wir sachlich-informative Botschaften oder erzählen emotionale Geschichten – in jedem Fall illustrieren wir einen Nutzen für die Menschen. Werben alleine war noch nie genug und Markenbotschafter*innen sind heute mehr denn je verpflichtet, eine kommunikative Antwort auf gesellschaftliche Fragen zu liefern. Die Bedeutung von intensiver strategischer Vorarbeit wird somit wichtiger als je zuvor: Schon die Idee vor der Idee gilt es, markant herauszuarbeiten.

Hat die Globalisierung Auswirkungen auf die Werbung?

Die Globalisierung vergrößert das Umfeld – in allen Branchen. Unternehmen und Marken konkurrieren heute international. Die Globalisierung macht es möglich, Produkte aus der ganzen Welt zu kaufen und zu beziehen. Das gilt auch für Dienstleistungen: Programme wie Zoom haben uns durch die jetzige Krise begleitet und machten lokale Distanzen unwichtig. Auch für uns ist es egal, wo jemand sitzt und arbeitet, wir können jederzeit in Kontakt treten. Auch bei uns verstärkt die Globalisierung den Wettbewerb, was die Markenführung und Kampagnenkonzeption wiederum stark beeinflusst.

Was bedeutet das für die Markenführung und warum ist Markenführung wichtig?

Die differenzierende und vor allem relevante Markenpositionierung wird durch den wachsenden Wettbewerb immer wichtiger. Verliert die Marke ihr Profil in diesem Umfeld, wird sie unbedeutend und damit austauschbar. Je austauschbarer das Produkt, desto wichtiger ist der Preis für Konsument*innen.

Das heißt, Marken brauchen ein klares und authentisches Persönlichkeitsprofil. Wenn dieses mit den Werten der Konsument*innen übereinstimmt und sich die Konsument*innen mit der Marke identifizieren, blieben sie markentreu. Nachdem sich gesellschaftliche und individuelle Werte verändern, gilt es, immer aktuell zu sein und ein Markenprofil zu festigen, das eindeutig und auch agil ist.

Wo sehen Sie Probleme bei der Markenführung?

Markenführung bedeutet für uns, dass die Marke aktiv geführt wird. Zum einen durch stetiges Beobachten sich verändernder Rahmenbedingungen und adäquatem Umgang mit diesen. Zum anderen durch konsequente Lenkung durch Markenmanager*innen, die von der Geschäftsführung übers Marketing bis hin zu HR reichen. Es braucht ein Bewusstsein, dass jede*r „Mit“arbeiter*in Markenbotschafter*in ist. Eine Marke ist ein komplexes Konstrukt, dessen Führung Weitsicht und Entscheidungsfreude braucht. So kann aus einer klugen Strategie eine großartige Umsetzung gelingen.

Warum braucht man Strateg*innen in der Werbung?

Strategie ist immer der Anfang. Sie entscheidet, wie es weitergeht: im Unternehmen, mit uns Menschen, in unserer Gesellschaft. Strateg*innen beschäftigen sich mit Menschen als Konsument*innen sowie mit Konsument*innen als Menschen.

Gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ist Kreativität, die auf Konsument*innen-Insights beruht, ein vielversprechender Schlüssel zum Erfolg. Strategisch fundierte Kommunikation und damit relevante Kreativität ist deutlich effektiver, das zeigt eine Vielzahl an Studien.

Strategen bringen zudem unterschiedliche Perspektiven ein – immer evidenzbasiert. Das kann hilfreich sein, um eine Innensicht der Marke zu ergänzen oder einen wirklich neuen Blick auf die Rolle einer Marke in sich verändernden Märkten zu ermöglichen. Das Zusammenspiel von Unternehmen, Marke und Kommunikation bleibt im Blick. Insbesondere in der Werbung ist es wichtig zu verstehen, dass eine Kampagne ein Teil von Markenführung ist, der im Zusammenspiel mit vielen anderen Aktivitäten wirkt.

Welchen Stellenwert hat eine dabei eine fach-adäquate Ausbildung?

In der Ausbildung wird die Basis gelehrt und die muss sitzen, damit man ein Grundverständnis für alle Kommunikationsbereiche bekommt und wie sie zusammenhängen. Dazu braucht es Skills, die man mitbringt und weiterentwickelt und dazu gibt es Tools, die man erlernt.

Eine fach-adäquate Ausbildung soll bestätigen, dass man im für sich richtigen Fachgebiet arbeiten wird und sie soll in diesem Fachgebiet Grundlagen mitgeben, damit der Start ins Berufsleben gelingt.

Das Studium ist der Anfang von etwas, das lange Spaß machen soll. Darüber hinaus ist Job-Praxis der beste Lehrmeister. Skills, welche nicht vermittelt werden können und alle Studierenden mitbringen sollten: Neugierig sein und Fragen stellen. Wer fragt, kommt weiter.

Welche fachlichen und persönlichen Anforderungen haben Sie an junge Nachwuchskräfte für den Einstieg in der Branche?

Eine Idee ist immer noch eine Idee. Eine Kampagne ohne Idee hat früher nicht funktioniert und wird auch in Zukunft nicht gelingen, da kann die Strategie dahinter noch so gut sein. Kreative Köpfe werden wir in der Werbung daher immer brauchen. Großartige Kreativität gepaart mit strategischem Management und präziser Umsetzung verspricht letztlich den Erfolg.

„Deadlines are inspiring“ – das gilt ganz besonders in der Werbung. Ist eine Kampagne vorbei, so folgt schon das nächste Projekt. Dabei arbeiten wir immer für mehrere Kunden und an mehreren Kampagnen parallel. Es braucht Stressresistenz, eine rasche Auffassungsgabe und ausgeprägte Flexibilität – wir müssen problemlos vom einen aufs andere Projekt switchen können.

Klingt herausfordernd, ist es auch – doch das Schöne daran ist: Es wird nie langweilig. Wir suchen immer wieder nach dem Neuen, gehen mit Trends mit und versuchen, es noch besser zu machen. Wir sind die Ersten, die neue Produkte auf den Tisch bekommen, die neue Entwicklungen in der Gesellschaft spüren.

Werbung war nie ein 9/5 Job. Wenn man Dinge entwickelt, hat man sie ständig im Kopf, egal ob man gerade arbeitet oder nicht. Work-Life-Blending nimmt zu. Wenn das gelingt, kann es sehr produktiv werden – beruflich wie auch privat.

Gibt es für Sie als Expertin einen aktuell besonders hilfreichen Tipp für Erfolg im Bereich Brand Management?

In der Kommunikation sind Teamplayer gefragt, keine Einzelkämpfer*innen. Hinter einer Kampagne steckt eine Vielfalt an Köpfen. Nur wenn dieser Austausch im Team gelingt, wird das Ergebnis auch vielversprechend sein. Egal ob Kunde oder Agentur, egal ob in der Strategie, im Projektmanagement, in der Kreation oder in der Produktion: Ein Team hilft sich gegenseitig. Man inspiriert sich untereinander, hat ein gemeinsames Ziel und jede*r trägt dazu mit der individuellen Expertise bei. Alle Rädchen des Uhrwerks müssen laufen, sonst bleibt die Uhr stehen. Und so ist es auch in der Markenführung. Wir müssen uns auf jede*n einzelne*n verlassen können.

Über den Lehrgang Werbung und Markenführung

Der Lehrgang Werbung und Markenführung der Fachhochschule St. Pölten bildet umfassend und praxisnahe für die Kreativbranche aus. Die berufsbegleitende Weiterbildung kombiniert die fachliche Wissensvermittlung mit starkem Praxisbezug. Zusätzlich ist der Abschluss mit einem Master of Science möglich.

Dieser Lehrgang ist zertifiziert durch den Branchenverband IAA (International Advertising Association) Austria und damit Teil der IAA Masterclasses. Dies sichert eine praxisorientierte Weiterbildung für die berufliche Entwicklung innerhalb der Werbebranche und stellt ein Gütesiegel dar, das für Qualität und Aktualität steht. Gleichzeitig vermitteln ausgewählte Expert*innen der Kreativ-Branche relevante Inhalte und deren praktische Anwendung rund um Werbung und Brand Management.

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Mag. (FH) Klinser-Kammerzelt Barbara, MBA

Mag. (FH) Barbara Klinser-Kammerzelt, MBA

FH-Dozentin Lehrgangsleiterin Werbung und Markenführung (akad.) Lehrgangsleiterin Werbung und Markenführung (MA) Department Digital Business und Innovation