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Expert Talks: Nachhaltigkeitsmanagement mit Erfolg

Die Interviewserie rund um Nachhaltigkeit, Management, Digitalisierung und Innovation

Im Gespräch mit Harald Wimmer (Studiengangsleiter Master Digital Management & Sustainability) gibt Christoph Musik (Geschäftsführer Acker Österreich) spannende Insights in erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement.
Copyright: Acker

In dieser Talkreihe geben Expert*innen spannende Insights in erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement.

Christoph Musik im Interview

„Unsere Mission ist es prägende Erlebnisse rund um bewusste Ernährung und Nachhaltigkeit zu schaffen. Dafür haben wir einen einzigartigen Blended Learning Ansatz entwickelt, der physische Aktivitäten am Acker mit digitaler Wissensvermittlung zusammenbringt.“

Christoph Musik ist Geschäftsführer des gemeinnützigen Sozialunternehmens Acker Österreich GmbH. Im Interview spricht er über die wichtigsten Qualifikationen für Green Jobs, die Wirkung digitaler Wissensvermittlung und die frühe Bewusstseinsbildung für nachhaltige Konsumentscheidungen.

Acker Österreich bringt Bildungsprogramme wie die „GemüseAckerdemie“ in Österreichs Schulen, mit dem Ziel, die Wertschätzung von natürlichen Lebensmitteln zu steigern. Neben dem eigenständigen Pflanzen und Ernten spielt vor allem die Wissensvermittlung via Acker-Lernplattform eine wesentliche Rolle. Welchen Beitrag kann die Digitalisierung im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung leisten?

Wir ackern für eine Gesellschaft, die Natur und Lebensmittel wertschätzt. Unsere Mission ist es prägende Erlebnisse rund um bewusste Ernährung und Nachhaltigkeit zu schaffen. Dafür haben wir einen einzigartigen Blended Learning Ansatz entwickelt, der physische Aktivitäten am Acker mit digitaler Wissensvermittlung zusammenbringt. Das eine würde ohne das andere nur schwer auskommen. Was wir dabei immer im Blick haben, ist die Wirkung. Dabei können wir klar sagen, dass die Bildungsmaterialien, die über unsere Acker-Lernplattform zugänglich sind, die Wirkung bei den Zielgruppen erhöhen.

Wenn Lehrer*innen die Bildungsmaterialien via Lernplattform nutzen und die Acker-Themen aus der Praxis mit den Kindern in der Schule vertiefen, können wir bei einer höheren Anzahl an Schüler*innen eine Wirkung feststellen. Im Vergleich zu Gruppen, die ausschließlich draußen auf dem Acker arbeiten, erhöht sich die Wirkung bei denjenigen, die den theoretischen Background im regulären Unterricht behandeln, um bis zu 12 Prozent. Auf diesem Weg trägt die Digitalisierung bei uns zu mehr Wertschätzung für Natur und Lebensmittel und somit zu weniger Lebensmittelverschwendung bei.

Welche Qualifikationen müssen Berufseinsteiger*innen mitbringen, um in „Green Jobs“ tätig zu sein? Welche Karrieremöglichkeiten ergeben sich daraus?

Acker Österreich ist ein gemeinnütziges Sozialunternehmen, das 2021 gegründet wurde und an der Schnittstelle von Bildung, Landwirtschaft, Umwelt und Ernährung arbeitet. Wir sind derzeit ein Team aus acht Mitarbeiter*innen und rund 20 Freien Dienstnehmer*innen, die sich in den vergangenen drei Jahren zusammengefunden haben, um die Welt zu verändern. Wir sind wie unsere rund 200 Acker-Kolleg*innen in Deutschland und der Schweiz Bildungsenthusiast*innen, Landwirtschaftsprofis, Digital Natives, Improvisationstalente und Wirkungsfreaks. Allesamt sind wir Anpacker*innen und Gemüsefans durch und durch. Wir brennen für das, was wir tun, und haben Spaß daran, Dinge zu verändern, die als unveränderlich gelten.

Green Jobs sind einer ständigen Veränderung ausgesetzt und setzen meistens an tiefgreifenden gesellschaftlichen Transformationsprozessen an. Deshalb ist es eine sehr wichtige Qualifikation, flexibel und agil mit Veränderungen umgehen zu können sowie die Fähigkeit zu besitzen, sich schnell in Neues einarbeiten zu können und selbst nicht stehen zu bleiben. Wenn man es schafft über den berühmten Tellerrand zu schauen, stehen einem sehr viele Karrierepfade offen. Jobprofile, die es vielleicht heute noch gar nicht gibt, aber die morgen plötzlich da sind.

Das Projekt „Ackernomie“ soll künftig als eigenes Modul für nachhaltige Wirtschaftsbildung in die bestehenden Acker-Bildungsprogramme integriert werden. Warum ist es für eine nachhaltige Gesellschaft wichtig, dass bereits Kinder ein Verständnis für die Preisbildung und Distribution von nachhaltigen Produkten entwickeln?

In einer immer komplexer werdenden Gesellschaft brauchen wir Orientierungs- und Handlungsschemata, die uns darin begleiten und ermächtigen, einerseits unser eigenes Leben frei und selbstbestimmt gestalten zu können, andererseits auch die Verantwortung für andere und unsere Umwelt als unser aller Lebensgrundlage wahrnehmen zu können.

Wirtschaft ist für jüngere Kinder oft abstrakt und wenig lebensnah. Um bewusste und nachhaltige Konsumentscheidungen treffen zu können fehlen hier oft das Wissen und das Bewusstsein für ein Produkt, den Preis bzw. die Preisgestaltung, Distributionsorte („Place“) und Promotion, also den altbekannten 4 Ps des Marketing Mix: Was ist eine Karotte wert? Wieso sind regionale Biolebensmittel manchmal so teuer? Wieso kostet ein Kilo Erdäpfel beim Discounter 0,40 Euro und am Markt 2 Euro? Woher kommen Paradeiser eigentlich im Winter?

In unserem Modul Ackernomie werden Kinder selbst zu Produzent*innen und Händler*innen und durchleben so spielerisch alle Rollen von Landwirt*innen, Verarbeiter*innen bis hin zu Vermarkter*innen und kritischen Konsument*innen. Sie lernen dabei die gesamte Wertschöpfungskette von Gemüse kennen und entwickeln so ein hohes Bewusstsein für die komplexen wirtschaftlichen Zusammenhänge. Sie lernen, wieviel Aufwand in einem natürlichen Produkt steckt, das für uns lebensnotwendig ist.

Welche Rolle spielt ein nachhaltiger Umgang mit Lebensmitteln in der Transformation zu einer Kreislaufwirtschaft?

Mit unseren Bildungsprogrammen stoßen wir nachhaltige Produktions- und Konsummuster bereits im Kindesalter an und schaffen damit spielerisch Bewusstsein für nachhaltige Lebensmittelsysteme. Kinder lernen den gesamten Wachstums- und Wertschöpfungsprozess von gesundem Gemüse mit den eigenen Händen und allen Sinnen kennen. Sie lernen dabei, wie diese Kreislaufprozesse in der Natur ablaufen und was wir davon für unsere gesellschaftlich gestalteten Prozesse in der Wirtschaft ableiten können.

Die Mulchwirtschaft auf dem Acker ist dafür ein tolles Beispiel: Organische Pflanzenreste wie abgetrocknetes Laub, Rasenschnitt, Beikräuter oder Gemüsereste aus der Küche können direkt auf dem Acker in Form einer Flächenkompostierung verwertet werden. Die Pflanzenreste schützen zuerst eine gewisse Zeit lang den Boden vor Austrocknung oder Erosion, bevor sie dann nach und nach verrotten und mit Hilfe von Regenwürmern und anderen Bodenlebewesen zu wertvollem Humus umgewandelt werden. Dieser wiederum ist die Grundlage für das Wachstum unserer Gemüsepflanzen. So schließt sich ein nachhaltiger Kreislauf, der ohne zusätzliche Ressourcen, wie Kunstdünger, etc. auskommt.  

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