Greenwashing adé: Neue EU-Regeln im Marketing
Gastvortrag von Tassilo Pellegrini: Aktueller Stand und Entwicklungsperspektiven im Jahr 2025
Im Rahmen eines Gastvortrags im Bachelor-Studiengang Marketing & Kommunikation wurde die aktuelle Entwicklung der Green Claims Directive (GCD) von Tassilo Pellegrini, Institutsleiter Institute for Innovation Systems, vorgestellt – einem zentralen Baustein der EU-Strategie zur Förderung transparenter und verlässlicher Umweltinformationen.
Neue Weichenstellung für glaubwürdige Umweltkommunikation in der EU
Die Green Claims Directive ist ein Legislativvorschlag der Europäischen Kommission, der darauf abzielt, irreführende Umweltbehauptungen – sogenanntes Greenwashing – einzudämmen. Ziel ist es, Konsument*innen verlässliche Orientierung zu bieten, fairen Wettbewerb sicherzustellen und Unternehmen zu einer fundierten und überprüfbaren Nachhaltigkeitskommunikation zu verpflichten.
Einheitliche Regeln für Umweltversprechen
Die Richtlinie betrifft sämtliche Unternehmen, die in der EU mit Umwelt-Claims werben – unabhängig davon, ob sie ihren Sitz in der EU haben. Nur Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden und einem Umsatz unter zwei Millionen Euro wären ausgenommen.
Umweltbezogene Aussagen sollen künftig strengen Anforderungen genügen: Sie müssen wissenschaftlich belegt, auf dem Lebenszyklusprinzip basieren und klare Aussagen über Geltungsbereich und Umweltleistung treffen. Besonders wichtig: Positive Effekte dürfen keine negativen Umweltfolgen verdecken – etwa in den Bereichen Biodiversität oder Schadstoffemissionen. Auch Klimakompensation durch Offsetting muss transparent und nachvollziehbar erfolgen.
Neue Standards für Labels und Claims
Ein zentraler Aspekt der GCD ist die Überprüfung von Umweltkennzeichnungen. Eigenständig erstellte oder nicht regulierte Umweltlabels sollen verschwinden – nur noch offiziell zugelassene Zertifizierungen wären zulässig. Gleichzeitig wird auf transparente Governance, wissenschaftlich fundierte Kriterien und Praktikabilität für kleine und mittlere Unternehmen Wert gelegt.
Im Zentrum der methodischen Umsetzung steht die Lebenszyklusanalyse (LCA) nach ISO 14040/44. Die EU-Kommission empfiehlt dabei zwei zentrale Werkzeuge: den Product Environmental Footprint (PEF) für Produkte und den Organisational Environmental Footprint (OEF) für Unternehmen – ergänzt durch branchenspezifische Regeln.
Marketing im Wandel
Für Unternehmen und Marken bedeutet die Green Claims Directive eine grundlegende Neuausrichtung. Vage Aussagen wie „umweltfreundlich“ oder „grün“ ohne belastbare Nachweise sollen verboten werden. Alle Umwelt-Claims müssen künftig von unabhängiger Stelle überprüft werden. Verstöße könnten nicht nur zu Bußgeldern und Verkaufsverboten führen, sondern auch den Ruf nachhaltig schädigen.
Blick in die Zukunft: Zwischen Ambition und Anpassung
Die Zukunft der Green Claims Directive ist derzeit noch offen – im Trilog zwischen Parlament, Rat und Kommission werden verschiedene Szenarien diskutiert:
- Institutionalisierung: Eine starke Umsetzung könnte die GCD zu einem Eckpfeiler des europäischen Nachhaltigkeitsrechts machen – mit verpflichtender Anwendung von PEF/OEF und umfassender Drittverifizierung.
- Flexibilisierung: Es könnten Ausnahmeregelungen für KMU und eine stärker branchengetriebene Selbstregulierung eingeführt werden.
- Abschwächung: Unter dem Einfluss von Lobbygruppen könnte die GCD zu einer unverbindlichen Empfehlung herabgestuft werden.
- Scheitern: Im schlimmsten Fall scheitert die Richtlinie am politischen Widerstand – Umwelt-Claims würden dann weiterhin nur über allgemeines Verbraucherrecht geregelt.
Fazit
Die Green Claims Directive steht exemplarisch für den Balanceakt zwischen ökologischen Zielen, Verbraucherschutz und wirtschaftlicher Realisierbarkeit. In ihrer finalen Ausgestaltung wird sich entscheiden, ob sie ein wirksames Instrument zur Bekämpfung von Greenwashing wird – oder ein weiteres Beispiel für regulatorische Ambitionen ohne Durchschlagskraft bleibt.