Schnell, klar und transparent
5 PR-Profis geben Einblicke zum Thema Krisenkommunikation: Was wirklich zählt, wenn’s ernst wird
Es sind große Marken, hinter denen diese fünf Persönlichkeiten stehen:
- Johannes Angerer, Head of Corporate Communications der MedUni Wien und PRVA-Vizepräsident
- Maria Magdalena Pavitsich, Pressesprecherin der ÖBB
- Karin Stalzer Head of Communications & PR bei Volvo Cars Österreich
- Florian Lindebner, Marketing Director bei Xiaomi Austria
- Michael Schlagenhaufen, Leiter des Klubservice FK Austria Wien
Sie alle sind maßgeblich für die Krisenkommunikation in ihren Unternehmen verantwortlich – doch, wie geht man mit Krisen richtig um? Wie schafft man es, in Situationen, in denen Chaos herrscht, Ruhe zu bewahren und strukturiert zu handeln? Und, kann man Krisen auch vorbeugen?
Diese und einige andere Fragen wurden vergangenen Freitag an der Fachhochschule St. Pölten dem Bachelor-Studiengang Marketing und Kommunikation im Rahmen der Lehrveranstaltung „Public Relations“ beantwortet.
Aktueller Krisenfall zum Diskussions-Start
Die Diskussion wurde mit einem aktuellen Krisenfall gestartet, da am Freitagnachmittag eine Meldung über eine bewaffnete Person im AKH Wien hohe Wellen in den österreichischen Medien schlug.
„Ich musste auf der Hinfahrt akut Notfallmanagement betreiben. Zum Glück funktioniert hier die Zusammenarbeit zwischen der MedUIni und dem AKH mit der Polizei, WEGA und Cobra sehr gut und es konnte eine Krise verhindert werden“, erzählt Angerer. „Wichtig ist hier, die richtigen Schnittstellen und zuständigen Personen zu erreichen“, ergänzt er.
Der Einsatz wurde wenige Stunden später ohne Personenschäden wieder beendet.
Krisen haben unterschiedliche Auslöser
Es gibt verschiedenste Themen, die Krisen auslösen können, wobei etliche davon auch die ÖBB und die kritische Infrastruktur sowie den Personenverkehr betreffen. Von einer Bombendrohung am Hauptbahnhof, Streiks bis hin zu den Unwettern im Osten Österreichs sind die ÖBB in der Krisenkommunikation sehr erprobt:
„Unsere Aufgabe ist es, Menschen und Güter sicher ans Ziel zu bringen. Dazu gehört sehr viel Kommunikation, vor allem im Krisenfall“, sagt Maria Magdalena Pavitsich von den ÖBB. Solche unvorhergesehenen Ereignisse, wie das Hochwasser im September 2024, können die Zuständigen an ihre beruflichen und persönlichen Grenzen bringen.
„Wir haben ein Pressetelefon, das für Journalist*innen immer erreichbar ist. An besagtem Wochenende war ich an der Reihe“, erzählt sie. Wenn es zu Ereignissen wie dieser Extremwetter-Situation – die den Bahn- und Busverkehr gefährden – kommt, gibt es bei den ÖBB regionale und zentrale Ereignisstäbe sowie Krisenstäbe. Besonders bei den steigenden Flusspegeln und wassergetränkten Böden im September ging es darum, die Infrastruktur genau im Blick zu haben und vorausschauend Strecken zu sperren, um Sicherheit zu jeder Zeit zu gewährleisten. Sperren und Ausfälle aber natürlich auch Ersatzverkehre und Notfallprogramme müssen besorgten Bahn-Kund*innen klar und möglichst rasch kommuniziert werden.
Vorbereitung und Nachbereitung sind das A und O
Um solchen (Kommunikations-)Krisen vorzubeugen, haben die Expert*innen verschiedene Strategien: Bei den ÖBB gibt es jährlich mindestens einen simulierten Krisenstab, um die Abläufe zu trainieren. „Einmal hieß es, dass wir uns in einem Blackout befinden. Handys weg, Laptops weg. Wir hatten nur ein Funkgerät, mit dem wir zum Beispiel an den ORF die Informationen durchgeben konnten“, sagt Pavitsich. Ein umfangreiches Handbuch sorge in diesen Fällen für Orientierung.
Bei Volvo Cars Austria setze man auf regelmäßige Trainings und die Kommunikation mit anderen Ländern und dem internationalen PR-Team. „Bei Produktrückrufen gibt es einen klaren Ablaufprozess, sodass wir diese Informationen schnellstmöglich an unsere Kund*innen weitergeben können und auf Medien-Anfragen bestens vorbereitet sind“, sagt Karin Stalzer. „Wir bekommen auch Handlungsempfehlungen vom Headquarter, die wir – soweit rechtlich möglich – in den Ländern umsetzen“, ergänzt sie.
Aber, wie geht man nun damit um, wenn der Ruf des Unternehmens von politischen Beschlüssen leidet? Florian Lindebner, Marketing Director von Xiaomi Austria berichtet: „Wir waren gerade am Weg nach China, als uns die Meldung erreichte, dass US-Bundespräsident Donald Trump Handys von Huawei nicht mehr unterstützte“. „Die Angst, dass es vielleicht auch Xiaomi treffen könnte, war natürlich präsent. Zum Glück wurde das nicht der Fall“, ergänzt er.
Auch im Sport muss man nicht nur auf die PR von Spieler*innen achten, sondern auch darauf, wie die Fans mit Ereignissen oder auch Niederlagen umgehen. Besonders der Fußball polarisiert international. Klubservice-Leiter Michael Schlagenhaufen vom FK Austria Wien erlebt Auseinandersetzungen, Ausschreitungen und Krisen in dieser Art immer wieder und weiß, wie man damit umgeht: „Wir leben im Fußball von den Emotionen, dazu gehören Hochs und Tiefs. Wird von allen Seiten mit dem Brennglas auf einen Fall geachtet, gilt umso rascher festzulegen: Was wird gesprochen – und wer spricht´s“, sagt Schlagenhaufen. Wenn beispielsweise ein Derby stattfindet, müsse man damit rechnen, dass man schnell über Social Media oder Presseberichte reagieren muss. „Diese Kommunikation muss schnell, klar und transparent ablaufen“, betont Schlagenhaufen.
Tipps aus der Praxis
Welche Tipps geben die Expert*innen den Studierenden mit für eine erfolgreiche Krisenkommunikation und generell für eine Karriere in der PR?
Für Michael Schlagenhaufen ganz klar: Im Ernstfall muss man schnell reagieren und auf den Vorstand und die wichtigsten Personen zugehen. Es sei wichtig, wenn man ein Bauchgefühl für Lösungen hat, soll man diese auch kommunizieren und sich etwas trauen, appelliert er.
„Ruhe bewahren, schauen, was Sache ist und was man draus machen kann“, ergänzt Florian Lindebner von Xiaomi Austria. In Situationen, in denen es chaotisch zugeht, soll man versuchen den Überblick zu bewahren und klar zu kommunizieren. Ähnlich auch die Antwort von Karin Stalzer von Volvo Cars Österreich: „Nicht in Panik verfallen – innehalten, zuhören und vorbereitet sein“, gibt sie als Tipp. Krisenkommunikation sei nicht nur Handhabe von negativen Schlagzeilen, sondern auch Vorbereitung darauf und – bestenfalls – die Möglichkeit zu haben, präventiv zu handeln.
Für Studierende haben Maria Magdalena Pavitsich von den ÖBB und Johannes Angerer von der MedUni Wien zudem die Empfehlung: „Traut euch Fragen zu stellen. Kommunikation ist sehr viel Bauchgefühl, auf das ihr mit ein wenig Erfahrung vertrauen könnt. Und seid bei Fehlern nicht zu streng mit euch, legt den Fokus auf das, was ihr daraus lernen könnt“, sagt Pavitsich. Angerer betont zum Schluss noch den Stellenwert von PR in Unternehmen. „Wenn ihr ein Team hinter euch habt, dann funktioniert es mit der Kommunikation besser“, sagt er.
„Warum eigentlich PR?“, lautete eine Frage aus dem Publikum. Karin Stalzer von Volvo Cars Österreich konnte das ganz klar beantworten: „Weil die PR von Emotionen lebt und man die besten Geschichten erzählen kann. Wenn man für eine Marke lebt und hinter ihr steht, gibt es nichts Schöneres, als dafür zu sprechen.“ Man solle sich aber bei der Wahl der Spezialisierung zu Beginn nicht zu viel Druck machen, ergänzt Pavitsich von den ÖBB. „Es ist legitim zu sagen, man möchte ‚irgendwas mit Kommunikation‘ machen bzw. ein paar Dinge ausprobieren, und den Weg erstmal zu suchen, bevor man seine Berufung findet“, sagt sie abschließend.
Bild: Tina Janausek
Text: Marie-Christine Eder, Studentin Bachelorstudium Marketing & Kommunikation