„Nachhaltigkeit ist Angelegenheit aller Unternehmensbereiche“

Master-Studiengang Digital Business Communications

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    „Nachhaltigkeit ist Angelegenheit aller Unternehmensbereiche“ Lisa Hladky gibt Einblicke in die Integration von Nachhaltigkeitsthemen bei VERBUND

    Im Interview: Lisa Hladky 

    Im Gespräch mit Lisa Hladky, Deputy Group Sustainability Officer der Verbund AG sprechen Barbara Mayr, Vanessa Mölschl und Barbara Suler über die Herausforderungen und die Zukunft von Nachhaltigkeitsthemen in kritischen Infrastrukturbereichen.

    Die Stromerzeugungsindustrie steht unter Druck und im Zugzwang, was Nachhaltigkeit betrifft. Gleichzeitig sehen sich viele Unternehmen mit dem Vorwurf des ‚Greenwashing‘ konfrontiert. Wie stellt die Verbund AG sicher, dass die Nachhaltigkeitskommunikation nicht als 'Greenwashing' wahrgenommen wird?

    Unser Geschäftsmodell ist bereits nachhaltig ausgerichtet und fokussiert auf die Produktion von Strom aus erneuerbaren Energien, Wasser, Wind und Sonne. An unsere Privatkund*innen verkaufen wir Strom aus 100% Wasserkraft. Wir setzen auf Bewusstseinsbildung beim Marketing und geben eine klare Kommunikationslinie vor, da uns klar ist, dass die Kund*innen wissen wollen, was sich in ihrem Produkt verbirgt. Aufgrund unseres Geschäftsmodells ist es bei uns aber klarer, was sich „in der Verpackung“ befindet, als bei anderen Unternehmen.

    Seit 2019 unterstützt Verbund den UN Global Compact und verpflichtet sich zu den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung. Wie werden diese Ziele in die Geschäftsstrategie integriert und welche Fortschritte können Sie bislang verzeichnen?

    Bei den SDGs legen wir den Fokus insbesondere auf jene Ziele, die wir durch unsere Geschäftstätigkeit beeinflussen können. Besonders relevant sind hier u.a. die Umweltziele, da wir durch den Ausbau erneuerbarer Energie z.B. zu SDG 7 „Bezahlbare und saubere Energie“ und SDG 13 „Maßnahmen zum Klimaschutz“ beitragen. Rund 95% unserer Eigenstromproduktion kommen bereits aus Wasserkraft und wir haben es uns zum Ziel gesetzt den Anteil von Wind und Photovoltaik (PV) auf 20% – 25% der Gesamtstromerzeugung zu erhöhen. Zudem spielen Umweltschutz und Biodiversität, sowohl bei unseren bestehenden als auch den zukünftigen Anlagen, eine wesentliche Rolle. Im Sinne des SDG 15 „Leben an Land“ machen wir unsere Wasserkraftwerke u.a. mithilfe von Fischwanderhilfen, barrierefrei und schaffen gemeinsam mit unseren Partner*innen z.B. in Life+ Projekten  neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen.

    Bei den sozialen Themen geht es einerseits um die eigenen Mitarbeiter*innen im Sinne von SDG 3 „Gesundheit und Wohlergehen“, SDG 4 „Hochwertige Bildung“, SDG 5 „Geschlechtergleichheit“ und SDG 10 „Weniger Ungleichheiten“. Wir legen dabei großen Wert auf die Gesundheit und Sicherheit unserer Mitarbeiter*innen und setzen zahlreiche Maßnahmen um die Gender Balance im Unternehmen zu stärken.

    Andererseits geht es auch um die Verantwortung in der Gesellschaft um einen Beitrag zu bezahlbarer Energie SDG 7 und Reduktion von Armut, SDG 1, zu leisten. Dafür arbeiten wir z.B. seit vielen Jahren mit dem Stromhilfefonds der Caritas zusammen, der Menschen in Energiearmut unterstützt.  

    Die Verbund AG ist aus der Nutzung von Braunkohle, Öl und Kohle als Brennstoffe ausgestiegen. Wie gestaltete sich der Übergang von vordergründig fossilen zu erneuerbaren Energieträgern? Welche Herausforderungen musste hier Verbund vor allem bewältigen, um dennoch die Energieversorgungssicherheit zu gewährleisten?

    VERBUND hatte schon immer mit der Wasserkraft eine gute Basis, um die Grundversorgung sicherzustellen. Mit Effizienzsteigerungen und dem Zubau erneuerbarer Energie können weitere Potenziale ausgeschöpft werden.

    Ganz wichtig ist die Speicherung von Strom. Hier tut Verbund sehr viel. Das ist auch noch eine Herausforderung politischer Natur, auch bei den erneuerbaren Energien, dass diese Projekte überhaupt umgesetzt werden können, die so wichtig sind für den erneuerbaren Ausbau. Es wird daher sehr viel in Speicherseen investiert, die die Batterien der Berge genannt werden. Zur Zeit bauen wir unsere bestehenden Speicherkraftwerksgruppen in Salzburg und Kärnten massiv aus.

    Ein Schlüsselthema der Energietransformation ist der grüne Wasserstoff. Hier arbeitet Verbund gemeinsam mit Partnerunternehmen am Aufbau diversifizierter Importrouten und am Ausbau der lokalen Wasserstoffproduktion und forscht beispielsweise am Einsatz von Wasserstoff im Gaskraftwerk.

    Verbund bezeichnet sich selbst als internationalen Vorreiter bei Green Finance und hat ESG-gebundene Finanzierungen wie den Green and Sustainability-linked Bond lanciert. Welche Kriterien und Leistungsindikatoren definieren grüne Finanzierungsinstrumente? Wie wirkt sich dies auf die Finanzierungsstrategie des Unternehmens aus?

    VERBUND hat schon frühzeitig auf grüne Finanzierung gesetzt und bereits im Jahr 2014 als erstes Unternehmen in der DACH-Region einen Green Bond begeben. Mit den aufgenommenen Mitteln wurden Windkraftanlagen in Österreich und Deutschland sowie das Pumpspeicherprojekt Reißeck II und Effizienzsteigerungsmaßnahmen im Laufwasserkraftwerk Ybbs finanziert. Einen weiteren Meilenstein erreichte VERBUND im Jahr 2018 mit der Platzierung des weltweit ersten Digitalen Grünen Schuldscheins, gefolgt vom ersten ESG-linked Syndizierten Kredit, dessen jährliche Margenanpassung sich ausschließlich nach dem von einer externen ESG-Agentur festgelegten Nachhaltigkeitsrating des Unternehmens richtet. Schließlich platzierte VERBUND im Jahr 2021 den ersten Green and Sustainability-linked Bond weltweit, der alle vier grünen Komponenten („use of proceeds“-Bond, im Einklang mit der EU-Taxonomie, sustainability-linked Bond und starke Bevorzugung von nachhaltigen Investoren nach einem transparenten Kriterium beim Bookbuilding) in einer Transaktion vereint.

    Das Unternehmen positioniert sich als europäischer Akteur für grünen Wasserstoff. Wie sieht die Roadmap für diese Positionierung aus und wie wird die Verbindung zwischen der Wasserstoffstrategie und den übergeordneten ESG-Zielen hergestellt?

    Grüner Wasserstoff spielt für das Erreichen der Klimaziele und eine nachhaltige Dekarbonisierung zahlreicher industrieller Anwendungen sowie Prozesse eine entscheidende Rolle. VERBUND arbeitet gemeinsam mit Partnern am Aufbau diversifizierter Importrouten sowie am Ausbau der lokalen Wasserstoffproduktion. Im Rahmen des Projekts „Green Ammonia Linz" plant VERBUND beispielsweise eine 60 MW Elektrolyse-Anlage für die Wasserstoffversorgung von LAT Nitrogen zur nachhaltigen Produktion von grünem Ammoniak.

    Im Grunde zahlt die Wasserstoffstrategie in diese ESG-Ziele und nachhaltige Unternehmensausrichtung ein, weil durch grünen Wasserstoff zukünftig Gas kompensiert werden soll.

    Ziel muss es sein, Industrien, die bisher sehr energieintensiv sind, auf grünen Wasserstoff umstellen und dadurch Emissionen zu vermeiden. Das ist eine klare Verbindung.

    Das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz/Lieferkettengesetz ist ein wichtiger Aspekt in der Umsetzung der Nachhaltigkeit, fordert Unternehmen aber auch heraus. Wie nimmt Verbund die Verantwortung z. B. bei der Auswahl und Prüfung der Lieferanten wahr? Inwieweit kann ein Unternehmen über die eigene Wertschöpfungskette hinaus Einfluss auf die Nachhaltigkeit nehmen?

    Wir haben einerseits einen Supplier Code of Conduct, einen Verhaltenskodex für Lieferanten, der verschiedene ESG-Themen regelt und die Lieferanten über die AGBs verpflichtet, sich daran zu halten. Wir haben ein Rating von einem internationalen Anbieter, dass wir in Ausschreibungen integrieren und vorab von den Lieferanten einfordern können. Wir machen eine Hotspotanalyse, um zu schauen, wo die größten Risiken in der Lieferkette sind. Wir verfolgen nicht das Billigst-Bieter-Prinzip, sondern das Best-Bieter-Prinzip. Es gibt immer qualitative und quantitative Anforderungen. Es zählen nicht nur die Euro-Werte, sondern auch Nachhaltigkeitskriterien als Anforderung in den Ausschreibungen, um sicherzugehen, dass die richtigen Lieferanten gewählt werden.

    Wir haben viel über das „E“ in ESG gesprochen, gehen wir kurz noch einmal auf das S und G ein: Diversität und Inklusion, soziale Verantwortung und ordentliche Unternehmensführung sind vor allem für jüngere Investor*innen relevant. Welche Initiativen hat hier Verbund bereits implementiert?

    Ich glaube diese Themen sind nicht nur für Investor*innen relevant, sondern auch für Mitarbeiter*innen, auch für zukünftige. Viele suchen nach nachhaltigen Unternehmen und nach guten Initiativen. Die Themen Diversität, Gleichberechtigung & Inklusion sind bei VERBUND nachhaltig verankert und werden laufend weiterentwickelt. Die klare Zielsetzung ist es z.B bis 2030 in der Belegschaft wie auch bei den Führungskräften 25 % Frauen zu beschäftigen. 

    Wir setzen Maßnahmen wie das VERBUND Frauenstipendium in Kooperation mit dem TU Wien Career Center oder den Verbund-Töchtertag, um mehr Frauen für die Technik zu begeistern.  Es gibt jetzt gerade den Bau eines neuen Lehrlingscampus in Ybbs, um jungen Menschen die Möglichkeit einer coolen, modernen und zeitgerechten Location zu bieten, inkl. Blick auf die Donau.

    Wir fördern auch gezielt Inklusion, möchten mehr Menschen mit Behinderung für das Unternehmen gewinnen. Hier arbeiten wir mit MyAbility zusammen, wobei es auch viel um Bewusstseinsbildung geht.

    Nicht zuletzt machen wir auch Bewusstseinsbildung bei unseren Lehrlingen zu Umwelt und Nachhaltigkeitsthemen. Wir wollen auf allen Ebenen Bewusstsein für Nachhaltigkeit und dafür, dass wir ein nachhaltiges Unternehmen sind, schaffen.

    Wir bedanken uns sehr herzlich für das Gespräch!

    Weitere Informationen:

    • Studiengang

    Der berufsbegleitende Master-Studiengang Digital Business Communications bereitet ideal für Karriere in Corporate Communications, Public und Investor Relations oder Sustainability Communications vor. Bei Fragen wenden Sie sich gerne an die Studiengangsleiterin Monika Kovarova-Simecek.

    • Expert*inneninterviews

    Weitere interessante Interviews können Sie in der Rubrik "Expert*inneninterviews" lesen.

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    FH-Prof. Mag. Kovarova-Simecek Monika

    FH-Prof. Mag. Monika Kovarova-Simecek

    Studiengangsleiterin Digital Business Communications (MA) Studiengangsleiterin Digital Management und Sustainability* (MA) Stellvertretende Studiengangsleiterin Management und Digital Business (BA) Mitglied des Kollegiums 2023 bis 2026 Department Digital Business und Innovation