Webinar: GenZ und der Kapitalmarkt

#Digital Business Communications (MA) #Studierenden-Projekt
Webinar: GenZ und der Kapitalmarkt

Die Generation Z ist die am stärksten wachsende Gruppe unter den Aktionär*innen und damit auch für die Investor Relations börsennotierter Unternehmen eine zunehmend wichtige Zielgruppe. Mit ihrem Fokus auf die digitale Kommunikation stellt sie die Investor Relations aber auch vor neue Herausforderungen. Nicht nur das unterscheidet die GenZ von anderen Generationen. Wie legen die jüngeren Generationen ihr Geld an? Wie informieren sie sich, wenn es um den Kapitalmarkt geht? Und wie muss sich die IR verändern, um die Aktionär*innen von morgen zu erreichen?

Ein Beitrag von Monika Kovarova-Simecek, Nikolas Kiener, Florian Maier, Alexander Reitler, Celine Spitzer und Ondrej Svatos

Informations- und Investitionsverhalten der Generation Z im Vergleich zu anderen Generationen

Die GenZ, die zwischen 1996 und 2010 geboren wurde, ist die jüngste und am schnellsten wachsende Gruppe auf dem Kapitalmarkt (DAI). Die Digitalisierung und das Nachhaltigkeitsbewusstsein prägen ihr Investitions- und Informationsverhalten, was einen erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Finanzkommunikation und der Investor Relations haben wird. Eine Studie des Master Studiengangs Digital Business Communications der Fachhochschule St. Pölten in Kooperation mit der Wiener Börse und dem Cercle of Investor Relations (CIRA) zeigt, dass sich das Informationsverhalten der GenZ deutlich von jenem der älteren Generationen unterscheidet und die IR mit altbewährten Mitteln die jüngeren Generationen nicht erreicht. Der Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der „Impress Me“-Generation verlangt neue Wege.

Digitale IR-Strategie als neuer Standard

Die GenZ ist eine gut informierte Generation, wenn es um den Kapitalmarkt geht. Dabei greift die GenZ in erster Linie auf (Online-)Finanzportale, Börsen- und Unternehmenswebsites zurück. An vierter Stelle rangieren Websites von Banken und Brokern, wobei die GenZ im Vergleich zu älteren Generationen Broker den klassischen Banken vorzieht.

An Zeitungen, Podcasts, Social Media und Newslettern zeigt sich der Generationenunterschied:

  • Die klassische Tageszeitung (Online oder Print) ist die von der älteren Generation bevorzugte Quelle (55 % der Älteren bevorzugen die Zeitung).
  • Podcasts werden vor allem von den GenZ-Befragten (30 %) gehört und rangieren als relevante Quelle bereits an fünfter Stelle.
  • Eine ähnlich hohe Bedeutung wie Podcasts misst die jüngere Generation Social Media zu. Dabei spielen YouTube (mit 30 % an erster Stelle), LinkedIn (27 %) und Instagram (25 %) die größte Rolle.
  • Newsletter spielen zwar lediglich für 16% der GenZ-Befragten eine Rolle, für die älteren Generationen (31 %) sind sie allerdings nach wie vor von Bedeutung.

Die Beliebtheit von Podcasts und Social Media rührt vor allem daher, dass die GenZ den Content vorzugsweise am Smartphone und „on the go“ rezipiert. Auch bei der Recherche zu Kapitalmarktthemen nutzt die GenZ (92 %) am liebsten ihr Handy. Es geht also nicht nur um digitale Kanäle, sondern um eine entsprechende Aufbereitung der Inhalte für die bevorzugten Devices.

Freunde und Familie als wichtige Intermediäre

Geld ist für die GenZ kein Tabuthema mehr. Die jüngeren Investor*innen suchen den Austausch vor allem mit ihren Peers -  Familie (µ = 2,2) und Freunden (2,1). Erst dann kommen Finanzjournalist*innen (2,0), Bankberater*innen (1,9), Investor Relations und Finanzberater*innen (1,8) sowie Online-Broker und Finfluencer*innen (1,7) ins Spiel. Online- und Neo-Broker sowie Finfluencer*innen sind nicht die wichtigsten Ansprechpartner*innen der GenZ, für diese aber im Vergleich zu den älteren Generationen deutlich relevanter.

Vermögensaufbau mit Aktien und ETFs

So unterschiedlich die Generationen hinsichtlich ihres Informationsverhaltens auch sind, so deckungsgleich sind ihre Investitionsziele. Die Hauptmotive für Investitionen sind quer über alle Generationen der langfristige Vermögensaufbau (GenZ: 83 %; ältere Generationen: 74 %), Altersvorsorge (GenZ: 72 %; ältere Generationen: 74 %) und der Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit (GenZ: 66 %, ältere Generationen: 36%). Dennoch gehören Spareinlagen sowohl bei der GenZ (56 %) als auch bei den älteren Generationen (68 %) zu den favorisierten Veranlagungsformen. Bereits an zweiter Stelle stehen Aktien (43 %) und Fonds, wobei die GenZ ETFs (42 %), die ältere Generation hingegen aktiv gemanagte Fonds (49 %) bevorzugt. Weniger attraktiv als vielleicht vermutet sind Kryptowährungen (GenZ: 22 %; ältere Generationen: 23 %) oder NFTs (GenZ: 5 %; ältere Generationen: 6 %).

Ein digitaler Auftrag für die Investor Relations

Mit der steigenden Attraktivität von Aktien für Privatanleger*innen wächst auch ihre Bedeutung für die IR. Eine gezielte Ansprache dieser Zielgruppe wäre wichtig. Diese darf sich allerdings nicht nur in der Veröffentlichung von Informationen auf der Website erschöpfen, wie unsere Ergebnisse deutlich zeigen. Denn obwohl Investor Relations relativ bekannt ist (80 % der älteren und 69 % der GenZ-Befragten kannten den Begriff), nutzen nur 58 % der Älteren und 47 % der GenZ-Befragten die IR-Website, um sich zu informieren. Dabei wäre das Vertrauen in die IR-Website durchaus gegeben.    

Social Media in der Aktionärskommunikation gewünscht – und notwendig

Beim steigenden Informations-Overload, zunehmender Intransparenz und Konkurrenz um Aufmerksamkeit, gepaart mit der „Impress Me“-Haltung der Digital Natives (Jenkins, 2006, S. 64–68) ist es von entscheidender Bedeutung, die Adressaten von IR-Information gezielt anzusprechen. Und zwar dort, wo die meisten sind – auf Social Media. Leichte Auffindbarkeit von Informationen ist bereits das viertwichtigste Kriterium in der Aktionärskommunikation (für 70 % der GenZ und 63 % der älteren Generationen) und der Wunsch nach mehr Unternehmensinformationen für Aktionär*innen auf Social Media gegeben. Informationen wünschen sich die Befragten vordergründig auf Instagram (90 % bzw. 73 %), LinkedIn (63 % bzw. 73 %) und YouTube (54 % bzw. 46 %). Für die älteren Generationen spielt noch Twitter (60 %) eine relevante Rolle.

Die GenZ möchte vor allem Informationen zur Nachhaltigkeit (88 %), zur Strategie (77 %), zum Geschäftsmodell (75 %) und zum sozialen Engagement des Unternehmens (71 %) lesen. Finanzielle Kennzahlen sind auch für die GenZ (71 %), im besonderen Maße aber für die älteren Generationen (87 %), von Bedeutung. Obwohl auch Corporate Governance der GenZ wichtig ist (34 % der GenZ geben an, einen CG-Bericht als Informationsquelle zu nutzen, im Vergleich zu nur 19% der älteren Generationen), posten selbst jene Unternehmen, die auf Social Media (LinkedIn) präsent sind, sehr wenig zu Corporate Governance-Themen (siehe unsere Studie „Macht der Bilder in der Finanzkommunikation“).

Call to Action

Auch wenn die GenZ digitale Medien klar bevorzugt und sich stärkeren Einsatz von Social Media in der Investor Relations wünscht, ist sie nicht in einer Social Media Bubble gefangen. Diese Erkenntnis, die auch in unserer Finfluencer-Studie und in der Studie „Generation Aktien“ der Universität Leipzig bestätigt wird, räumt mit diesem tradierten Vorurteil gegenüber jüngeren Generationen auf. Eine digitale IR-Strategie sollte daher Social Media zwingend integrieren, das Ziel muss aber ein ganzheitlicher, gut abgestimmter digitaler IR-Auftritt sein.

Eine digitale IR-Strategie, die den Anforderungen der GenZ gerecht werden will, muss sich demnach vor allem durch die folgenden Aspekte auszeichnen:

  • Einbindung von digitalen Formaten von der IR-Website über Online-Berichte, Social Media bis zu Podcast und Blogs in enger Abstimmung mit der Corporate Communications und der Nachhaltigkeitskommunikation
  • Mehr Unternehmens- und IR-Informationen auf Instagram, LinkedIn und YouTube, die passend für diese Kanäle und Mobile Devices aufbereitet sind
  • Fokus auf Nachhaltigkeit, Strategie, die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells, soziales Engagement, Corporate Governance und infografische Aufbereitung von finanziellen Informationen
  • Stärkere Nutzung von Grafiken, Bildern, Slidern und Videos, die den Text und die Botschaft passend unterstützen
  • Berücksichtigung und Integration von neuen Intermediären wie Finfluencer*innen und Online-/Neo-Brokern

Bilde deine Community, bevor du sie brauchst

Gemessen an der aktuellen Kommunikationspraxis der meisten börsennotierten Unternehmen wird die GenZ in der IR trotz ihrer steigenden Bedeutung unter den Aktionär*innen und künftigen IR-Stakeholdern noch nicht als relevante Zielgruppe wahrgenommen. Die IR-Abteilungen kommen ihrem Wunsch nach digitaler Kommunikation und für sie relevanten Themenschwerpunkten nicht in ausreichendem Maße nach. Der Fokus der meisten IR-Abteilungen liegt nach wie vor auf institutionellen Investor*innen, deren Bedürfnisse – noch – mit den traditionellen Instrumenten zufriedengestellt werden können. Ganz nach dem Motto „Baue deine Community, bevor du sie brauchst“ wäre es jedoch eine Überlegung wert, was es fürs eigene Unternehmen künftig bedeutet, die GenZ heute zu vernachlässigen.  

Über das Projekt

Für die Studie „Informations- und Investitionsverhalten der Generation Z im Vergleich zu anderen Generationen“ der FH St. Pölten wurden Mitglieder der Generation Z (57 Prozent) sowie Testpersonen anderer Generationen (42 %) befragt, wobei 52 % der Befragten weiblich, 46 % männlich und 0,5 % divers waren. Zwischen November 2022 und Jänner 2023 beteiligten sich insgesamt 198 Proband*innen an der nicht-repräsentativen Befragung mittels Online-Fragebogen. Die Ergebnisse wurden deskriptiv- und inferenzstatistisch ausgewertet.

Das Forschungsteam präsentierte die Ergebnisse der Studie im Webinar am 20. April 2023 und diskutierte diese in hochkarätiger Expert*innenrunde mit Philipp Genduth (Finanzen verstehen), Christoph Rainer (UBM Development AG), Erwin Hof (Wiener Börse) und Monika Kovarova-Simecek (FH St. Pölten). Die Studie erhalten Sie auf Anfrage bei monika.kovarova-Simecek@fhstp.ac.at kostenlos als PDF zur Verfügung gestellt.

Wenn Sie den Talk mit unseren Gästen versäumt haben, können Sie hier die Interviews mit unseren Expert*innen zu nachlesen: